Das Weisungsrecht des Arbeitgebers

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers, das schon seit jeher vom Bundesarbeitsgericht anerkannt war, ist seit 2003 in § 106 Gewerbeordnung gesetzlich geregelt worden.

Danach gilt folgendes:

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Wie aus dem zuvor genannten hervorgeht, muss die Ausübung des Weisungsrechts nach billigem Ermessen erfolgen. Die Wahrung nach billigem Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt wurden (BAG, Urteil vom 24.04.1996, NZA 1996, Seite 1088). Ob dies geschehen ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.

Folgender Beispielfall soll dies näher erläutern:

Der Betrieb A hat mehrere Betriebsstätten und zwar in Köln und in Düsseldorf. Die Arbeiter Müller und Schmidt arbeiten beide in der Betriebsstätte in Düsseldorf. Der Arbeiter Müller wohnt in Düsseldorf und der Arbeiter Schmidt wohnt in Köln. Der Arbeiter Schmidt muss jeden Tag mit dem PKW oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu seinem Arbeitsplatz nach Düsseldorf fahren. In der Arbeitsstätte in Köln wird eine Stelle frei, die arbeitgeberseitig unbedingt sofort besetzt werden muss. Die Arbeiter Müller und Schmidt sind für diese offene Stelle gleich geeignet. Trotz der vorgenannten beschriebenen Wohnsitze entschließt sich der Arbeitgeber dazu, den Arbeitnehmer Müller, der in Düsseldorf wohnt, nach Köln zu versetzen, was zur Folge hat, dass der Arbeitnehmer Müller jeden Tag mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit seinem PKW nach Köln fahren muss, während es selbstverständlich billigem Ermessen entsprechen würde, dass nicht der Arbeitnehmer Müller von Düsseldorf nach Köln versetzt wird sondern der Arbeitnehmer Schmidt, der ohnehin schon in Köln wohnt. Diese Versetzung entspricht daher nicht billigem Ermessen. Obwohl diese Entscheidung nicht billigem Ermessen entspricht, entscheidet sich der Arbeitgeber dazu, den Arbeitnehmer Müller nach Köln zu versetzen. Der Arbeitnehmer Müller hält die Versetzung berechtigterweise für unbillig und weigert sich, die Arbeitsstelle in Köln anzutreten. Trotz der Tatsache, dass der Arbeitgeber sein Versetzungsrecht nicht nach billigem Ermessen ausgeübt hat, kann dies für den Arbeitnehmer Müller ein böses Erwachen geben. Trotz heftiger Kritsierung hat das Bundesarbeitsgericht eher versteckt in NZA 2015, Seite 860, hierzu folgendes entschieden:

Deshalb darf sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts – sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist – nicht hinwegsetzen, sondern muss entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Wegen der durch das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung, u.a. des Inhalts der Arbeitsleistung, vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung (vorliegend der Versetzung) feststeht. Dies hat zwei Konsequenzen:

  1. Der Arbeitnehmer, der durch ein unbilliges Weisungsrecht betroffen ist, muss durch die Gerichte für Arbeitssachen die Feststellung erreichen, dass die Versetzung unbillig ist.
  2. Hält er sich ohne eine rechtskräftige Entscheidung für Arbeitssachen nicht an die unbillige Weisung, erlebt er ein böses Erwachen, denn er begeht damit eine Arbeitsverweigerung, die zur außerordentlichen oder ordentlichen fristgemäßen Kündigung führen kann.

Wie bereits oben gesagt, ist diese Entscheidung heftig kritisiert worden und wird aller Voraussicht nach in einer Revision beim Bundesarbeitsgericht erneut überprüft werden. Zurzeit bedeutet dies aber, dass der Arbeitnehmer sich auch an eine unbillige Weisung halten muss. Dies gilt natürlich nicht nur für Versetzungen sondern auch für Weisungen anderer Art bezüglich des Inhaltes und der Zeit der Arbeitsleistung. Dies gilt z.B. natürlich nicht, wenn jemand als kaufmännischer Angestellter eingestellt wurde und nun der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Wege der Weisung auf einen z.B. mit schweren körperlichen Tätigkeiten verbundenen gewerblichen Arbeitsplatz versetzt. Einer solchen Weisung braucht der Arbeitnehmer selbstverständlich nicht zu folgen, wenn nicht bereits im Arbeitsvertrag eine solche Versetzung vereinbart ist. Da aber die Abgrenzung zwischen einer unwirksamen Weisung und einer unbilligen Weisung häufig sehr schwer ist, sollte der Arbeitnehmer im Zweifelsfall auch einer eventuell unwirksamen Weisung Folge leisten, damit er nicht seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt.

 

Mitgeteilt von

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Jörg Fröhling, Hellweg 13, 59597 Erwitte

Tel.: 02943 / 79 94

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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