GmbH; beschränkte Haftung auch für den Geschäftsführer?

§ 64 Abs. 2 GmbH-Gesetz: Existenzgefährdendes Risiko des Geschäftsführers einer GmbH

Wie der Name schon sagt, ist die Haftung in der Gesellschaftsform GmbH beschränkt. Das bedeutet, dass die Gesellschaft gegenüber ihren Gläubigern grundsätzlich nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen einzustehen hat.

Wer als Gesellschafter-Geschäftsführer allerdings glaubt, damit aus dem Schneider zu sein und denkt, sein Risiko sei damit auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, unterliegt einem Trugschluss, der unter Umständen existenzgefährdend sein kann.

Mit § 64 Abs. 2 GmbH-Gesetz hat der Gesetzgeber nämlich ein Instrument geschaffen, mit dem der Geschäftsführer einer GmbH, sobald diese in finanzielle Schwierigkeiten gerät, sehr leicht in die persönliche Haftung geraten kann.

§ 64 Abs. 2 , Satz 1 und 2 GmbH-Gesetz lauten: „Die Gesellschafter sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind.“

Satz 1 ist eine recht einfache Vorschrift mit nur 2 Vorraussetzungen:

  1. Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung
  1. Zahlung

Diese beiden Vorraussetzungen sind schnell erfüllt, nämlich grundsätzlich schon dann, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, sämtliche fälligen Verbindlichkeiten zu tilgen.

Lediglich wenn der nicht erfüllte Teil der Schulden insgesamt unwesentlich  ist, tritt Zahlungsunfähigkeit nicht ein, wobei der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass bereits, wenn 10  % der Schulden nicht bedient werden können, Zahlungsunfähigkeit vorliegt.

Zahlungsunfähigkeit einer Gesellschaft liegt also vereinfacht ausgedrückt schon vor, wenn
100,- Euro fällige Schulden bestehen, von denen nur 90,- Euro bezahlt werden können.

Werden in diesem Zustand einer Gesellschaft noch anderweitige Zahlungen getätigt, schwebt der Geschäftsführer in der Gefahr, persönlich zu haften.

Wir möchten dies an einem Beispiel erläutern:

Eine GmbH hatte fällige Verbindlichkeiten gegenüber Banken (kein Dispokredit), Lieferanten, Sozialversicherungsträgern und dem Finanzamt in Höhe von z.B. 30.000,- Euro seit dem 01.01.2006. Das einzige Geschäftskonto wies im ersten Halbjahr des Jahres 2006 nie einen höheren Guthabenbetrag als 20.000,- Euro auf. Mit eingehenden Geldern wurden im ersten Halbjahr die Verbindlichkeiten auf dem Stand von 30.000,- Euro gehalten und weitere Zahlungen geleistet.

Bei diesen Zahlungen handelte es sich im Einzelnen um solche auf:

  1. Materialrechnungen
  2. Leasingraten für Firmanwagen
  3. Löhne und Gehälter
  4. Geschäftsführergehälter

Die Zahlungen für die Materialrechnungen, Leasingraten für Firmenwagen sowie Löhne und Gehälter und Geschäftsführergehälter erfolgen am 07.01.2006 in Höhe von 38.000,- Euro.

Ein paar Tage später stellen die Geschäftsführer Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Das Insolvenzverfahren wird eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter nimmt die Geschäftsführer auf Rückzahlung der geleisteten 38.000,- Euro in Anspruch. Hier wird der Insolvenzverwalter Erfolg haben.

Zahlungsunfähigkeit lag bereits zum 01.01.2006 vor. Auch hier muss nochmals betont werden, dass Zahlungsunfähigkeit keineswegs bedeutet, dass gar keine Zahlungen mehr geleistet werden können sondern diese bereits vorliegt, wenn nicht sämtliche fällige Verbindlichkeiten mit Ausnahme von allenfalls 10 % bedient werden können.

Da sowohl Zahlungsunfähigkeit vorlag und die Zahlungen geflossen sind nach Zahlungsunfähigkeit, sind die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 GmbH-Gesetz grundsätzlich erfüllt.

Nun sagt § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, dass auch Zahlungen nach dem Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit möglich sind, wenn diese mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind.

Hierauf berufen sich dann im Regelfall in den von uns geführten Prozessen sämtliche Geschäftsführer im Hinblick darauf, dass doch zur Aufrechterhaltung des Betriebes die Materialrechnungen bezahlt werden mussten, die Löhne und Gehälter und auch die Geschäftsführergehälter.

Hier unterliegen die Geschäftsführer einem gefährlichen Irrtum.

Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach gesagt, dass zu Lasten eines Geschäftsführers, der nach dem Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit und / oder Überschuldung Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen leistet, vermutet werde, dass er dabei schuldhaft, nämlich nicht mit der von einem Vertretungsorgan einer GmbH zu fordernden Sorgfalt gehandelt habe.

Nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG kann der Geschäftsführer diese Vermutung nur durch den Nachweis widerlegen, dass die von ihm in der Insolvenzsituation bewirkte Zahlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar gewesen sei. Der hierfür anzulegende Maßstab bestimme sich allerdings nicht allein nach den allgemeinen Verhaltenspflichten eines Geschäftsführers, der bei seiner Amtsführung Recht und Gesetz zu wahren hat; er sei vielmehr an dem besonderen Zweck des § 64 Abs. 2 GmbHG auszurichten, die verteidigungsfähige Vermögensmasse einer insolvenzreifen GmbH im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten oder eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern.

Es kommt mithin nicht darauf an, dass Zahlungen geleistet wurden, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Mit diesem Einwand könnte man nahezu jede Zahlung rechtfertigen und § 64 Abs. 2 GmbHG käme nie zur Anwendung.

Jeder Geschäftsführer wird in der Regel Zahlungen leisten, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Damit kann ein Geschäftsführer eine Zahlung somit nicht rechtfertigen. Auch Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes sind zu erstatten.

Ein Geschäftsführer einer insolventen GmbH hat nicht den Geschäftsbetrieb weiter aufrecht zu erhalten, sondern Insolvenzantrag zu stellen, Zahlungen zu unterlassen und eingehende Zahlungen ggf. auf einem Sonderkonto zu Gunsten der Insolvenzmasse zu separieren.

Ein Geschäftsführer darf nach Zahlungsunfähigkeit noch nicht einmal einen Fremdscheck auf dem eigenen Konto der GmbH einreichen, wenn dieses debitorisch geführt wird und die Bank mit dem eingehenden Scheck eigene Forderungen verrechnet. Einen solchen Scheck muss ein Geschäftsführer, wenn die GmbH insolvenzreif ist, auf einem Sonderkonto einreichen, damit das Geld für spätere Insolvenzgläubiger zur gleichmäßigen Befriedigung vorhanden ist.

Zu rechtfertigen sind allenfalls Zahlungen für z. B. Heizöl zur Beheizung des Betriebsgebäudes im Winter, damit es nicht zu Frostschäden kommt oder Telefonkosten, damit die Einleitung des Insolvenzverfahrens nicht behindert wird.

Wiederum viele Geschäftsführer berufen sich darauf, dass sie doch die 3-Wochenfrist hätten, in der sie überlegen könnten, ob sie Insolvenzantrag stellen oder nicht. Während dieser 3-Wochenfrist dürften in jedem Falle noch Zahlungen erfolgen. Auch das ist ein Trugschluss.

Selbstverständlich haben die Geschäftsführer die Überlegungsfrist zur Stellung des Insolvenzantrages von 3 Wochen. Dies ändert aber nichts daran, dass dann, wenn Zahlungsunfähigkeit vorliegt, geleistete Zahlungen ab dem Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit zu erstatten sind.

Die 3-Wochenfrist hat mithin mit der Frage, ob Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit und / oder Überschuldung erfolgen durften, nichts zu tun. Die 3-Wochenfrist kann daher in keinem Falle die Zahlung von Geldern nach Insolvenzreife rechtfertigen.

Viele Geschäftsführer wenden noch ein, dass doch viele Zahlungen dazu gedient haben, dass noch Gelder hereingekommen seien. In der forensischen Praxis fragen wir diese Geschäftsführer dann immer, wo denn das Geld ist. Der Insolvenzverwalter habe jedenfalls auf den Geschäftskonten keine Gelder mehr gefunden. In der Regel bleibt dann eine Antwort aus.

Auch hier hat der Bundesgerichtshof ein deutliches Wort gesprochen. Es kommt nicht darauf an, ob irgendwelche Gegenwerte irgendwann einmal in das Gesellschaftsvermögen geflossen sind sondern darauf, ob diese Gegenwerte auch im Gesellschaftsvermögen verblieben seien, ob eben diese Gegenwerte zur gleichmäßigen Befriedigung sämtlicher Gläubiger auch tatsächlich noch vorhanden seien. Das ist in den meisten Fällen natürlich nicht der Fall, weswegen dieser Einwand den Geschäftsführern auch nicht weiterhilft.

Abschließend kann gesagt werden, dass die Haftung nach § 62 Abs. 2 GmbHG ein sehr scharfes Schwert zu Gunsten der Gesamtheit der Gläubiger darstellt und zu Lasten der Geschäftsführer. In der Beratungspraxis stellen wir immer wieder fest, dass den meisten Geschäftsführern diese Vorschrift in ihrer Konsequenz im Regelfall nicht bekannt ist.

Wenden Sie sich gegebenenfalls an:
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München / Erwitte, den 24.01.2007